„Es gibt massive Verbesserungen“

Seine Augengesundheit sollte man immer auch selbst im Blick haben und regelmäßig zum Optiker gehen. Foto: Adobe Stock

Viele Menschen werden kurz- oder weitsichtig. Früher oder später tragen sie eine Brille oder Kontaktlinsen. Das ist unproblematisch. Eine nicht geringe Zahl an Patienten ist aber von Augenerkrankungen betroffen, die medizinischer Behandlung bedürfen. Immer wieder im Fokus: Netzhaut und Makula. Im Interview verrät Prof. Nicolas Feltgen, Präsident der Deutschsprachigen Retinologischen Gesellschaft und Klinischer Chefarzt der Augenklinik am Universitätsspital Basel, wo es Erfolge gibt und was man selbst tun kann, um die Augen zu schützen

Prof. Nicolas Feltgen, Präsident der Deutschsprachigen Retinologischen Gesellschaft. Foto: USB

Herr Professor Feltgen, machen Sie uns Mut: Gibt es Anlass für Optimismus, gibt es gute Nachrichten aus dem hinteren Augenabschnitt?

Ohne falsche Hoffnungen zu wecken, muss man feststellen, dass die medikamentöse Behandlung von Augenhintergrunderkrankungen extrem gewonnen hat, das war und ist ein „Erdrutsch“ in der Augenheilkunde! Es gibt massive Verbesserungen. Die Indikationspalette wird immer breiter, es gibt mittlerweile aufschlussreiche Studien, und es wird weltweit geforscht. Wir Augenärzte haben gegenüber allen anderen Fächern einen großen Vorteil: Wir können das Problem sehen, indem wir tief in die Augen unserer Patienten blicken. Wir brauchen nicht zu röntgen, müssen nicht Ultraschall an-wenden oder Gewebeproben entnehmen – kein anderes Organ ist so gut zu betrachten wie das Auge.

Dabei ist die Makula doch nur… wie groß?

Die Makula ist der schärfste Punkt des Sehens. Sie beträgt zwei Prozent der gesamten Netzhaut. Macht in etwa 1,5 Quadratmillimeter.

Und diese 1,5 Millimeter erkranken mitunter schwer. Mit dramatischen Folgen, die dazu führen, dass Betroffene nach und nach die Fähigkeit verlieren, zu lesen oder Gesichter zu erkennen.

Ja, aber nun komme ich auf die guten Nachrichten zurück. Anfang dieses Jahrtausends galt die Altersbedingte Makuladegeneration, kurz AMD, als praktisch nicht behandelbar. Bis dann 2005 ein Medikament aus der Krebstherapie den Weg in die Augenkliniken fand. 2007 wurde es zugelassen, heute gibt es fünf Medikamente zur erfolgreichen Behandlung der Feuchten AMD. Es ist pfiffigen Augenärzten und Forschern von damals zu verdanken, dass wir das heute können. Stark verbessert hat sich auch die Behandlung des Diabetischen Makulaödems. All diesen Erfolgen liegt intensive Forschung zugrunde, weshalb ich froh bin, dass unsere Klinik in Basel mit einem superinnovativen Forschungsinstitut kooperiert. Forschung ist der Schlüssel zum Erfolg.

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Ein Schlüssel, der für alle Patienten mit trockener Makuladegeneration leider noch nicht die Türen zur Besserung geöffnet hat?

Von den fast 7,5 Millionen Betroffenen in Deutschland haben
etwa 20 bis 25 Prozent die feuchte – also behandelbare – AMD.
Bei der trockenen AMD, die auf die große Mehrheit der Patienten
fällt, ist der Verlust von Gewebe das Problem. Das ist schwerwiegender, weil der therapeutische Durchbruch noch nicht gelungen ist. Aber: Erste Teilerfolge wurden in den USA mit einem bestimmten Medikament bereits erzielt, das dort zugelassen ist.
In Europa sind wir noch nicht so weit unter anderem deshalb, weil
die Erfolgsquote in den USA noch nicht überzeugend hoch ist. Die
Medizin ist aber dran am Thema. Ich glaube fest daran, dass wir in
zehn Jahren auch in Europa bei der Behandlung der trockenen
AMD gut reagieren können.

Was kann man selbst tun, um das Risiko einer AMD-Erkrankung und von Netzhautrissen oder -ablösungen zu verringern?

Die wenigsten Augenerkrankungen gehen auf erbliche Ursachen zurück. Deshalb die klare Botschaft: Ja, unbedingt, man kann
etwas tun! Gift Nummer 1 ist das Rauchen. Es ist erwiesen, dass es die AMD fördert, weil es die Mikrozirkulationen in den Gefäßen hemmt. Außerdem wichtig: mediterrane Kost mit viel grünem Gemüse
und viel Bewegung an der frischen Luft. Auch wenn das fast
zu simpel klingt, sind diese Bausteine eine gute Basis, (nicht nur)
den Augen etwas Gutes zu tun.

Und Nahrungsergänzungsmittel?

Es gab bis vor wenigen Jahren eine Spaltung in der Ärzteschaft. Ein Teil befürwortete es,der andere nicht. Ich gebe zu, die Seiten gewechselt zu haben –und würde durchaus einen Sinn darin sehen, entsprechendeDragees zu sich zu nehmen.
Gerade Lutein und Xeaxanthin,aber auch Betacarotin und Omega-3-Fettsäuren sind für Makulaund Netzhaut gut. Aber keine Pille ersetzt eine gesunde Ernährung und Lebensweise. Es gibt übrigens eine erstaunliche Analyse dazu, dass Kinder, die wenigstens zwei Stunden pro Tagan der frischen Luft spielen, viel seltener zu Brillenträgern werden.

Draußen spielen – aber vermutlich ohne Smartphone, oder?

Würde ich empfehlen.

ey

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