Gespräch unter Beet-Brüdern

September. Manches steht noch im Flor, aber viele Stauden sind verblüht. Weil jetzt die beste aller besten Pflanzzeiten beginnt, geht‘s daher nicht allein um Ausblick, sondern auch um Rückschau aufs Gartenjahr. Was war gut, was lief schlecht, wo gibt es Nachholbedarf? Alles sollte sich darum drehen, eine Staudengemeinschaft so clever zu komponieren, dass nie eine Blühlücke entsteht. Matthias Großmann, Inhaber der Stauden-Gärtnerei Junge in Wehrbergen, wirft im Interview mit DEWEZET-Beetflüsterer Jens F. Meyer Ideen in den Ring. Ein Gespräch unter Beet-Brüdern über Spannung und Entspannung zwischen Arten und Sorten.

Matthias, mitten im Sommer, ab dem zweiten Julidrittel, ist bei vielen im Garten Saure-Gurken-Zeit. Entweder ist vieles verblüht – oder noch weit davon entfernt …

… was darauf hindeutet, dass die Auswahl der Pflanzen nicht besonders gut aufeinander abgestimmt worden ist. Das Problem entsteht also beim Einkauf, nicht erst im Garten – und ist aber auch nachvollziehbar. Viele entscheiden sich für Pflanzen, die eben dann gerade in voller Schönheit stehen, wenn sie sie einkaufen. „Oh, schau Dir diese Blüte an, die nehmen wir auch noch mit“, heißt es dann. Man lässt sich verzaubern, aber der Zauber liegt nicht allein in diesem einen Augenblick, sondern sollte sich über die ganze Saison ausdehnen. Wer sich rückblickend über Blühlücken ärgert, kann mit Anbruch der Herbstzeit – September und Oktober – für Veränderung und Verbesserung sorgen.

Sagst Du! Aber Du bist ein Fachmann. Als Hobbygärtner kommt man angesichts der Arten- und Sortenvielfalt an den Rand der Verzweiflung.
Die Vielfalt ist immens, das ist klar. Aber erstens gibt‘s Fachleute, die man fragen kann. Und zweitens darf es nicht darum gehen, besonders viele unterschiedliche Arten und Sorten zu pflanzen, sondern solche, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten blühen – vielleicht sogar zweimal im Jahr – und sich bei der Komposition der Staudenpflanzen dann wiederholen.

Wie ein Refrain bei einem guten Rocksong also?Wenn Du es so siehst, ja. Artenvielfalt ist natürlich gut, aber wo zwanzig Pflanzen hinpassen, sollte man nicht zwanzig unterschiedliche Arten setzen, sondern vielleicht sechs oder sieben. Eine oder zwei Solitärstauden, der Rest in Wiederholungen. So entsteht eine gewisse Ruhe, die immer wieder von Highlights durchbrochen wird.

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Ich nenne so etwas Spannung und Entspannung.

Das ist gut, das trifft‘s. Merke ich mir.

Gerne geschehen. Hast Du Favoriten, auf die wir jetzt mal unser Augenmerk legen wollen?

Als erstes: Ich habe ein dermaßen vitales Trio, gegen das selbst der Giersch nur schwer ankommt!

Her damit!!!!!!!!

Herbstanemone ’Septembercharme‘ und das Japanwaldgras ’Aureola‘. Alle drei kommen mit denselben Bedingungen zurecht, eher so Halbschatten, normaler Boden. Das Gras bietet die ruhige Basis, Knöterich – eine unglaubliche Bienenweide – und Anemone blühen in Dunkelrot beziehungsweise Violettrosa schon ab Juli. Wächst alles hübsch ineinander, bildet eine Einheit, ist auch ein bisschen wild. Der Giersch taucht nur noch sporadisch daraus hervor.

Und wild ist gut?

Nun ja, das Streben nach einer klassischen Ordnung, wie wir es noch aus den Gärten der Sechziger- und Siebzigerjahre kennen, gibt‘s nicht mehr. Habe ich auch noch nie gemocht. Das ist übrigens nicht gleichzusetzen mit einem verwilderten Garten. Verwildert bedeutet, nichts zu tun. Für einen Garten mit Wildcharakter braucht es aber unbedingt einen Plan. Mehr und mehr setzen sich Gärten mit Wildcharakter durch – und das funktioniert eben am besten mit Wildstauden und solchen Pflanzen, die Teppiche bilden und blanke Erde verhindern.

Zu denen zum Beispiel welche weiteren gehören?

Das Perlpfötchen ’Sommerschnee‘ blüht weiß von Juni bis August und sieht selbst im Verblühen noch spitze aus. Wird nur zwanzig Zentimeter hoch, fällt aber durch sein silbriges Laub auch im Beisein von höheren Stauden immer noch auf. Gut auch: ’Siskiyou‘, eine Nachtkerze, die ausnahmsweise nicht gelb, sondern weißlich rosa blüht und dem Beet Leichtigkeit schenkt. Die mag ich sehr. Blüht auch schon ab Juni, mag‘s sonnig. Dazu passend die Raue Prachtscharte, deren Violettrosa sich ab Juli entfaltet. Für dieselben, eher trockenen, sonnigen bis normalen Standortbedingungen würde ich auch die Dornige Hauhechel mit ihrem rosaroten Flor noch ins Spiel bringen. Vitales Wachstum, kaum Pflege nötig.

Habe ich noch nie was von gehört. Genau darum geht‘s ja aber!

Raus aus der Gewohnheit zwischen Echinacea-Sonnenhut und Rittersporn. Die sind ja deshalb nicht schlecht, aber im Garten sollten ausgetretene Pfade immer wieder durch neue Wege ersetzt werden, um der Vielfalt willen.

Entdecken erfahrene Experten wie Du denn auch immer wieder diese neuen Wege?

Selbstverständlich. Bin schon auf die Königskerze ’Southern Charme‘ gespannt. Wollte eine Kundin unbedingt haben. Wir haben diese VerbascumSorte bestellt – nicht nur für die Kundin … Sehr hübsche Pflanze. Aber sie muss auch vital sein und durchhalten. Ich werde das beobachten.

Du sagst es: Es geht ja nicht nur um Grazie, sondern auch um Beständigkeit.

Genau. Es ist klar, dass manche Stauden nicht sehr langlebig sind, aber man will ja nicht jedes Jahr alles neu pflanzen. Also braucht es Arten und Sorten, die jahrelang vital bleiben. Und das Erstaunliche ist ja, dass uns manchmal erst nach vielen Jahren eine dieser Sorten, die wir schon lange kennen, durch irgendeine Begebenheit, in irgendeinem kleinen Augenblick, wieder auffällt. Dann wird uns bewusst, wie schön sie eigentlich ist, wie kräftig und langlebig – und wundern uns, dass wir das nicht schon viel eher festgestellt haben.

Stimmt exakt! Dann drehe ich jetzt mal gleich ’ne Runde durch
den Garten, um meinen Blick zu schärfen. Noch ein Tipp zum
Schluss vielleicht?

Ja. Panaschierter Thymian ’Foxley‘. Rosa-lila Blüte, feiner, aromatischer Duft und absolut super geeignet für den Steingarten, also dort, wo die Erde karg ist. Kann man auch für Teeaufgüsse verwenden und Insekten stehen auch drauf.


Matthias Großmann ist Inhaber von Stauden-Junge in der vierten Generation. Das Herbstfest auf dem Gelände der Gärtnerei findet am Samstag, 20. September, von 9 bis 18 Uhr statt.

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